Oh Gott, du findest nie einen Job in deiner
Traumstadt und was ist, wenn du keine geile Wohnung findest und heimlich im
leerstehenden Patientenbett pennen musst?
Schon ein paar Tage später, fuhr ich im Streberoutfit und geruchsneutral
zu meinem ersten Vorstellungsgespräch und übte im Auto meine Musterantworten:
„Warum wollen sie gerade an dieses christliche Krankenhaus?“
„Weil für mich persönlich die christliche Nächstenliebe an erster Stelle kommt
und das sehen sie auch an meiner Mitgliedschaft im Gospelchor, dass Jesus bei
mir groß geschrieben wird.“
(Das ich den Chor nur besucht hab, weil ich die
Melodien peppig fand, und schließlich wieder ausgetreten bin, weil ich mir
einfach furchtbar lächerlich vorkam wenn ich inbrünstig „Jesus is my only
love!!!“ trällerte und dabei einen Waldorfschulen Tanz aufführen sollte, müssen
die ja nicht wissen.)
Am Krankenhaus angekommen, las ich hastig noch mal die größten
gynäkologischen Krankheitsbilder durch, man weiß ja nie, was die einen fragen
um das Wissen zu testen und stöckelte aufgeregt mit meinen Konfirmandenschühchen
in den Vorstellungsraum.
Dort wurde ich von zwei Oberärzten, umringt von wohlduftenden
Kaffee und Plätzchen, empfangen. Auf die erwartete Frage „Warum wollen Sie denn
gerade in unserem Haus anfangen?“ entschied ich mich spontan für eine
Antworts-Änderung ala Anna Fähre:
„Weil meine Schwester hier in der Nähe
wohnt, das wär echt praktisch. Außerdem hab ich die Anzeige im Ärzteblatt
gelesen und dachte das wär von der Entfernung noch machbar.“
Nix mit
unglaubwürdigen Jesusgefasel.
Verständnisvolles Lächeln: „Gut. Schön wir haben
ihren überragenden Lebenslauf und ihre
ausgezeichneten Referenzen gelesen und wir würden sie gerne einstellen! Können
sie morgen anfangen?“
So einfach ging das? Krass. Nix mit Fachwissen abfragen
oder nachbohren warum meine Noten eher im Mittelfeld angesiedelt waren. Geil!
Da
dieses Krankenhaus aber nur meine zweite Wahl war, antwortete ich, ich bräuchte
noch Bedenkzeit und würde gerne mal einen Tag Hospitieren um das Team
kennenzulernen. Außerdem bräuchte ich noch Zeit für den Umzug.
„Kein Problem,
das Haus würde ihnen auch den Umzug bezahlen und sie könnten erstmal im
Personalwohnheim unterkommen.“
Das Vorstellungsgespräch in meinem Traumkrankenhaus lief in
etwa genauso ab und so beginne ich am 1.4.2015 mit meinem ersten Job! Jihaa.
Hospitiert hab ich auch schon, waren alle nett und könnten meine neuen Homies
werden.
Der Chef sagte noch beiläufig: „Es ist schon sehr stressig und
arbeitsintensiv hier! Aber sie haben ja geschrieben, dass sie aufgrund ihrer
Tätigkeit in der Notaufnahme prima mit Belastungssituationen umgehen können!“
Oh. Da hab ich wohl etwas dick aufgetragen, dachte ich, und erinnerte mich an
meine letzte Heulattacke, weil meine Zigarette im Wind nicht brennen wollte.
Egal, kann man alles noch lernen.
Deutlich schwieriger , als einen passenden Job zu finden,
erwies sich dagegen die Wohnungssuche. Was zieht man an? Bei der ersten
Besichtigung machte ich mir darüber noch keine wilden Gedanken und ging mit
meinen verqualmten Studentenklamotten einfach mal dahin.
Mit der Konsequenz,
dass mich der versnobte Makler einfach mal nicht beachtete und abweisend auf
meine Fragen antwortete nach dem Motto: „Mädchen du kannst dir diese Residenz
eh nicht leisten, verschwende also nicht meine Zeit.“
Frustriert schrieb ich
meinem Sugar-Daddy: „Papa, du musst das nächste Mal mitkommen und auffällig mit
deiner Rolex rummfuchteln. Sonst wird das hier nischde bis zum Arbeitsbeginn!?!“
Nein ich will das alleine schaffen! Das
wäre doch gelacht!
Also zog ich bei der nächsten Besichtigung meinen
Streber-Vorstellungs-Gesprächs-Anzug und Perlenkette an und schminkte mich
dezent. Als ich ankam schüttelten mir alle Anwesenden die Hände und
buchstabierten mir ihre Nachnamen. Hö?
„Und sie zeigen uns jetzt das Objekt?“
Daher wehte also der Wind: Nun sah ich aus wie ein Immobilien-Makler. Ich
überlegte kurz zu antworten:
„Angenehm ihre Bekanntschaft zu machen, aber ich
muss ihnen leider mitteilen, dass das Objekt bereits an eine vielversprechende
Interessentin, eine Ärztin, vergeben wurde.“ – Lies es aber lieber bleiben.
Trotzdem wurde ich die ganze Zeit gefragt, wie denn in der Bude geheizt wird
und was für Nebenkosten auf einen zukommen.
Irgendwann fragte ich die richtige Maklerin mal: „Wie sieht das hier aus
mit Partys feiern? Ich sehe das liegt hier direkt neben einem Altersheim,
könnte es da Probleme geben?“
„Keine Angst, in diesem Haus wohnen nur ruhige,
ältere Leute, also nicht so welche die jedes dritte Wochenende Parties feiern.“
Und Zack wurde das „Objekt“ von meiner imaginären Liste gestrichen.
Alle guten Dinge sind drei. Diesmal nahm ich Lola zur
Beratung mit und wir entschieden uns für ein normales Outfit. Schon vorm
Klingelschild flüsterte Lola andächtig: „Geil!! Altbau! Nimm die auf jeden
Fall!!“ Oben angekommen traf uns gleich die Ernüchterung: Wir waren nicht die
einzigen Interessenten. Gefühlt 30 Leute quetschten sich durch die gemütliche
Altbauwohnung im angesagtesten Viertel der Stadt. Auf den ersten Blick wusste
ich: Das isses. Und Jackpot: Man musste sich auf eine Liste eintragen und
seinen Beruf angeben.
Fett schrieb ich: Anna Fähre = ÄRZTIN. (Ein
weitauslegbarer Begriff. Kann von AIPler bis Chefarzt alles sein.)
„Ich schicke
die Liste dann an meinen Vermieter und der meldet sich dann bei euch.“ – sagte der
wie Georg Clooney aussehende Vormieter. An dem Abend nervte ich erstmal alle
die ich kenne: „Hab ich schon gesagt, dass ich mich in die Wohnung verknallt
habe? Ich bekomme die eh nicht, auf der Liste stand noch ein Architekt, der
bekommt die bestimmt. Ich liiiiebe die Wohnung!“ Außerdem zehrte ich Lola und Fred nochmal
dorthin – ich musste sie einfach nochmal sehen!!
Als wir gerade darüber
fachsimpelten, welches Fenster man auf Parties zum Rauchen öffnen könnte, denn
einen Balkon gibt es leider nicht, räusperte sich hinter uns jemand. Geog
Clooney. Oh nein wie peinlich, jetzt wirkt das so, als wär ich ein Stalker der
durch die Fenster lukt. Wenigstens waren wir nicht am Rauchen.
Nach 2 Tagen rief der Vermieter an: Herzlichen Glückwunsch,
sie sind unter den Top 3, wann kann ich sie persönlich bei einem Cafe
kennenlernen? Ahhh Panik! Hinterher ist das ein Lustmolch, der für die Wohnung
irgendwelche Zuwendungen erwartet?
Aufgeregt ging ich zu unserem Date. Papa Udo hatte mir noch
den Tipp gegeben:
„Biete ihm 3 Mieten im Vorraus an!“ „Das wirkt mega
unsympathisch.“ „Dann krichst du die nicht.“
„Wie geht es Ihnen?“ „Übelst aufgeregt.“ War ich wirklich.
Hab mich beim Nippen an der Mangoschorle fast bekleckert, so war ich am
Zittern. Das war krasser als die Job-Vorstellungsgespräche. „Brauchen Sie nicht
zu sein, ich tue nix.“
Im Gespräch stellte sich heraus, dass er einen
Lebensgefährten hat (also kein Lustmolch) und keine Lust auf verkniffene
Karriereweiber hat, die wegen jeder lockeren Schraube anrufen. „Keine Angst,
ich bin kein typischer Streber-Arzt. Und ich sags gleich ich habe gerne
Gesellschaft.“ „Hahaha! Streber-Arzt! Und ich hab mit meinem Partner selber mal
darin gewohnt und super Hauspartys geschmissen! Wenn sie die Nachbarn einfach
auch einladen, ist das kein Problem!“
„Und wieso wollen sie gerade in diesem
Viertel wohnen?“
„Als Studentin bin ich hier oft mit meiner Schwester
langspaziert und habe gesagt: Wenn du hier mal wohnst, dann hast dus geschafft!“
Ich glaub damit hab ich ihn überzeugt.
Hätte ich mit den Monatsmieten
rummgewedelt, wäre ich direkt durchgefallen. Was lernt man daraus: Aufs
Wampengefühl hören und natürlich sein. Kann ich nicht oft genug sagen. Ich hab
die Traumwohnung bekommen und mich gegen den Architekten und ein gut situiertes
Pärchen durchgesetzt. Irgendwie gruselig, wie gut alles läuft zur Zeit. Jetzt
fehlt nur noch der Traummann (der mir beim Umzug hilft), aber zu viel Glück im Leben ist auch langweilig
und worüber sollte ich euch dann weiter vollsülzen? Tja aber auch da habe ich
ehrlicher Weise bald ein Date in Aussicht – alles weitere coming up soon.
Gruuuuselig!
Läuft bei dir :-)
AntwortenLöschenKlingt gut, Babe! ;-) Dann ist die Rumpimmel-Zeit vorbei. ^^
AntwortenLöschenIch hoffe, Du beehrst uns aber weiterhin mit Deinen geistigen Ergüssen.
Yay, der Beitrag ist zwar schon ein bisschen älter (*rot werd* Ich bin halt net so der zuverlässige Leser hier) ABER: Glückwunsch und Glückwunsch und war mal wieder sehr amüsant zu lesen. Freu mich wie jedes Mal auf meeeeeeeeehr! :)
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